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ENCEPHALITOZOONOSE, EC, TORTICOLLIS
 
Tierärztliche Praxis für Kleintiere
& Tierphysiotherapie
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Ätiologie
Die Enzephalitozoonose des Kaninchens wird durch den einzelligen Blutparasiten Encephalitozoon cuniculi, früher Nosema cuniculi, ausgelöst. Er wird den Mikrosporidien zugerechnet, die genaue systematische Stellung dieses Parasiten ist jedoch noch nicht endgültig geklärt. Encephalitozoon cuniculi wird heute in drei serologisch unterscheidbare Stämme untergliedert. Morphologisch sind diese drei Varianten nicht unterscheidbar. Sie werden als Typ I bis III oder nach ihrem jeweiligen Hauptwirt benannt. Für Kaninchen sind alle drei Stämme pathogen.
Encephalitozoon cuniculi Typ I (Kaninchenstamm) kommt in Europa vor allem bei Hauskaninchen häufig vor. Er ist auch für den Menschen pathogen, während Hunde gegenüber diesem Stamm vermutlich resistent sind.
Encephalitozoon cuniculi Typ II (Mäusestamm) ist für Altweltmäuse pathogen. In Skandinavien wurden auch tödlich verlaufende Infektionen bei Farmfüchsen beobachtet. Bei Katzen kommt es vor allem zu Augeninfektionen (phakoklastische Uveitis, fokale Linsentrübung, Uveitis anterior).
Encephalitozoon cuniculi Typ III (Hundestamm) ist vor allem in Nordamerika und Südafrika verbreitet und befällt vorwiegend Hunde. In europäischen Zoos wurden auch Infektionen bei Halbaffen beobachtet.
Dieser Blutparasit lebt obligat intrazellulär und und verbreitet seine infektiösen Sporen durch: Urin, seltener durch Kot und Sekrete (Speichel), intrauterin, Einstreu oder Gegenstände.
Nachdem Encephalitozoon cuniculi in den Körper eingedrungen ist, gelangt der Erreger aus dem Darm in den Blutkreislauf und zu seinen Zielorganen, dem zentralen Nervensystem (ZNS), die Nieren, die Augen und in geringerem Umfang Leber, Milz, Herz, Lunge und Darm.
Die Inkubationszeit bewegt sich zwischen mehreren Wochen bis zu mehreren Jahren, wobei die meisten Kaninchen lebenslang symptomfrei bleiben, jedoch den Erreger ausscheiden und zu seiner weiteren Verbreitung beitragen.
Faktoren, die das Immunsystem angreifen, wie z.B. Streß, Alter, andere Erkrankungen können jederzeit zu einem Krankheitsausbruch mit sichtbaren Symptomen führen.

Symptome
Man unterscheidet drei Erkrankungsformen, die gleichzeitig oder getrennt voneinander auftreten können.
- Zentralnervöse Erkrankung
- Erkrankung der Augen
- Erkrankung der Nieren

- Zentralnervöse Erkrankung
Diese ist die häufigste Form. Das Kaninchen zeigt Kopfschiefhaltung, Ataxien, Gleichgewichts- und/oder Koordinationsstörungen. Weitere Symptome, die parallel oder auch isoliert auftreten können, sind ein- oder beidseitiger Nystagmus, verzögerte Pupillarreflexe, Krampfanfälle oder Rotationen um die eigene Achse sowie Lähmungen der Hinter- oder seltener der Vordergliedmaße. Die Lähmungserscheinungen können schlaff oder krampfartig, vollständig oder teilweise sein. Es gibt auch einen schleichenden Verlauf mit fortschreitender Athrophie. Manchmal erfasst die Lähmung auch den Sphinkter von Blase oder Darm, so daß die Kaninchen Kot- und Harnabsatz nicht mehr kontrollieren können. Es kommen weiterhin isolierte Ausfälle einzelner Nervenfunktionen vor. So kann es zu einer einseitigen Erschlaffung der Muskulatur von Lid und Lippen kommen, daß Gesicht erscheint dann asymetrisch, häufig in Kombination mit vermehrtem Speicheln oder dem Unvermögen, koordiniert zu kauen. Ebenfalls kann es zu einer zentralen Blindheit oder Taubheit kommen.
- Erkrankung der Augen
Bei dieser Form vermehrt sich der Erreger in der Linsenkapsel und zerstört diese. Dabei tritt Linsenprotein in die Augenkammer aus, wo man sie als weißliche oder gelbliche Struktur erkennen kann. Diese Veränderungen können auch zu einem Glaukom führen. Das Auge muss dann meistens entfernt werden. Das Sehvermögen geht in der Regel verloren. Weitere Symptome sind ein Zusammenkneifen der Augen, Tränenspuren im Fell, Lichtscheuheit und ein Anschwellen der Gefäße der weißen Augenhaut und ein Ödem der Kornea.
- Erkrankung der Nieren
Bei dieser Form kommt es zu einer chronischen Entzündung der Nieren, die mit einer fortschreitenden Niereninsuffizienz einhergeht. Die Kaninchen magern ab, sind weniger aktiv und haben oft eine struppiges, glanzloses Fell. Nicht immer ist übermäßiger Durst zu beobachten.

Diagnose
Die Diagnose wird anhand der Kranheitszeichen und durch Ausschluss von Krankheiten mit ähnlichen Symptomen getroffen.
Ein Antikörpernachweis gelingt zuverlässig frühestens 3-4 Wochen nach der Infektion. Ein negativer Befund schließt die Enzephalitozoonose aus. Bei einem positiven Befund ist das Kaninchen infiziert, muss aber nicht erkranken.

Therapie
Die Behandlung erfolgt symptomatisch, d.h. sie orientiert sich an den vorherrschenden klinischen Symptomen. Eine vollständige Erregerabtötung ist nicht möglich. In allen Fällen wird zusätzlich Fenbendazol verordnet, daß den Erreger aus dem Magen-Darm-Trakt eliminiert und den frei im Blut zikulierenden Anteil reduziert. Da Fenbendazol nicht die Blut-Hirn-Schranke überwindet, ist eine vollständige Erregerelimination nicht möglich.
Weitere wichtige Maßnahmen sind Stressreduzierung, Unterstützung des Immunsystems, Umstellung der Ernährung auf Heu und vermehrtes Frischfutter.
Der Umgebungsdesinfektion kommt besondere Bedeutung zu. Die Sporen sind sehr umweltresistent. Bei 25 °C sind sie drei Wochen, bei 10 °C drei Monate infektiös. Bei 100 °C sind sie nach 5 Minuten inaktiviert. Zur Desinfektion eignen sich kochendes Wasser, 2%iges Lysol, 1%iges Formaldehyd oder 70%iger Alkohol.

Prognose
Je früher die Therapie beginnt, umso günstiger ist die Prognose bei der zentralnervösen Erkrankungsform. Manche Kaninchen erkranken danach nie wieder, andere werden rückfällig. Manchmal bleiben Koordinationsstörungen oder eine Kopfschiefhaltung zurück. Die Prognose bei Kaninchen mit Lähmungserscheinungen ist vorsichtiger zu stellen. Treten unter der Therapie keine Verbesserungen oder sogar eine Verschlechterung der Symptome ein, ist die Prognose als äußerst ungünstig bis infaust zu bewerten. Bei einer Erkrankung der Augen kann die Sehfähigkeit meistens nicht erhalten bleiben; die Kaninchen kommen aber damit gut zurecht. Besonders ungünstig ist die Prognose bei Kaninchen, bei denen die Nieren mitbetroffen sind, da die Nierenzellen sich nicht regenerieren können.

Zoonose
Die Ansteckungsgefahr für den Menschen im Sinne einer Zoonose ist nach derzeitigem Kenntnisstand gering.




Infektionskrankheiten

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