Die Leptospirose wurde erstmalig im Jahr 1852 beim Hund beschrieben und war wegen ihres Auftretens anlässlich einer Hundeausstellung in Stuttgart lange Zeit unter dem Begriff "Stuttarter Hundeseuche" bekannt. Sie ist eine weltweit verbreitete zoonotische Erkrankung und wird verursacht durch antigenetisch verschiedene Serovare der Spirochäte Leptospira interrogans sensu lato. Der Arzt Adolf Weil beschrieb die Erkrankung etwa 30 Jahre später das erste Mal beim Menschen (Weillschen Krankheit oder Feldfieber). Heute weiß man, dass es neben der klinischen Erkrankung bei Haus- und Nutztieren auch einen hohen Prozentsatz an subklinisch infizierten Tiern gibt, die Leptospiren ausscheiden und ein potentielles Risiko für eine Übertragung auf den Menschen darstellen.
Ätiologie, Epidemiologie und Pathogenese
Leptospiren sind gram-negative Bakterien, die zur Gruppe der Spirochäten gehören. Es handelt sich dabei um sehr dünne, flexible, schraubenförmige Bakterien mit hakenförmigem Ende. Leptospiren sind durch Drehungen aktiv beweglich. Innerhalb der Gattung Leptospira interrogans sensu lato werden verschiedene pathogene wie saprophytische Arten unterschieden, die nicht morphologisch, sondern nur serologisch oder genetisch zu differenzieren sind.
Seit 1989 werden über 250 Serovare beschrieben, die zurzeit in 24 Serogruppen eingeordnet werden. Die Pathogenität ist nicht von allen Serovaren bekannt. Jedes Serovar hat einen Hauptwirt, welcher das Serovar in der Umwelt erhält und verbreitet. Viele Säuger sind für eine Infektion empfänglich, auch wenn nicht alle Tiere erkranken. Beim Hund kommen häufig subklinische Infektionen vor.
Die Serovare canicola und icterohaemorrhagiae wurden früher am häufigsten mit der Hundeleptospirose in Verbindung gebracht. Es gibt einen Impfstoff mit diesen Serovaren und seitdem die Hunde regelmäßig geimpft werden, hat die Erkrankung mit diesen Serovaren deutlich abgenommen. Die Impfung bietet aber keinen Schutz gegen andere Serovare und in Deutschland nehmen Erkrankungen mit anderen Serovaren zu.
Leptospiren werden durch direkten und indirekten Kontakt übertragen. Besonders gefährdet sind Hunde im späten Sommer und Herbst, sowie nach Überschwemmungen, Jagdhunde und andere Arbeitshunde, sowie Hunde, die in unhygienischen Verhältnissen leben.
Direkte Übertragung: Urin, Blut, diaplazentar, Bisswunden, Verdauung von infiziertem Material
Indirekte Übertragung: kontaminierte Umgebung, Wasser spielt die Hauptrolle
Die Leptospiren dringen durch die Schleimhäute oder treten durch Hautwunden oder vom Wasser aufgeweichte Haut in den Körper ein und breiten sich dann systemisch aus. die Inkubationszeit beträgt ca. 7 Tage. Je nach Serovar sind unterschiedliche Organsysteme betroffen: Leber (chronisch aktive Hepatitis), Blutgefäßsystem (Vaskulitis, Ödeme, Koagulopathien), Niere (akute Niereninsuffizienz). Generell verursachen die Serovare canicola, bratislava und grippothyphosa häufiger eine Niereninsuffizienz, wäh rend die Serovare icterohaemorrhagiae und pomona eher zu einer Hepatopathie führen. Bei Hunden unter sechs Monaten ist eine Leberbeteiligung häufiger als bei erwachsenen Tieren.
Infizierte Hunde scheiden Leptospiren mit dem Urin aus. Genesene Hunde können Leptospiren in Schüben bis zu vier Jahren ausscheiden.
Klinische Symptome
Die klinischen Symptome variieren je nach Alter und Immunitätslage des Hundes sowie Virulenz der Serovare. Jüngere Hunde haben einen schwereren Krankheitsverlauf. Große Hunde (> 15 kg) und adulte Hunde (vier bis zehn Jahre) erkranken am häufigsten. Da bei kommt es nochmals zu einer Häufung in ländlicher Umgebung und bei Tieren, die Kontakt zu Nutztieren haben oder jagdlich geführt werden.
Perakute Infektion: Perakute Erkrankungen führen u. U. ohne lange Krankheitsdauer sehr rasch zum Tod.
Akute Infektion: Bei akuten Erkrankungen gehören Fieber, Zittern und Muskelschmerzen zu den ersten Symptomen. Nachfolgend können Dehydratation, Erbrechen sowie ein Kreislaufkollaps auftreten. Durch eine Koagulopathie kann es zu blutigem Erbrechen und Durchfall kommen. Die Tiere sterben, bevor sich eine Nieren- oder Leberinsuffizienz entwickeln kann.
Subakute Infektion: Bei subakuten Infektionen können viele der oben genannten Symptome ebenfalls vorhanden sein. Zusätzlich zeigen die Hunde Polydipsie und möglicherweise auch respiratorische Symptome. Eine akute Niereninsuffizienz kann zu einer Oligurie oder Anurie führen. Überleben die Tiere die subakute Infektion, so kann die Niere sich wieder komplett erholen und ihre Funktion übernehmen, es kann sich aber auch eine chronisch kompensierte Niereninsuffizienz entwickeln. Wenn eine Hepatopathie vorhanden ist, zeigen die Tiere alles Anzeichen einer Leberinsuffizienz wie chronische Inappetenz, Gewichtsverlust, Aszites, Ikterus oder Enzephalopathie. Als Komplikation ist eine Darminvagination möglich.
Subklinische Infektion: Viele Infektionen verlaufen ohne klinische Symptome.
Diagnostik
Zur Diagnostik gehören Laborunteruchungen, Bildgebende Verfahren und serologische Untersuchungen
Therapie
Die Therapie ist von der Schwere der Erkrankung sowie von der Präsenz einer Nieren- und/oder Leberinsuffizienz sowie anderen komplizierenden Faktoren abhängig. Bei einer akuten Niereninsuffizienz sind die intravenöse Flüssigkeitstherapie sowie bei oligurischen und anurischen Patienten das Sicherstellen der Harnproduktion die wichtigsten Behandlungsbestandteile. Ist die Harnproduktion ungenügend, werden osmotische Diuretika angewendet. Nach Gabe geeigneter Antibiotika wird die Vermehrung der Leptospiren sofort gehemmt.
Prophylaxe
In Deutschland sind zurzeit nur Impfstoffe mit den Serovaren canicola und icterohaemorrhagiae zugelassen. Diese Impfstoffe bewirken keine komplette Kreuzimmunität gegenüber anderen pathogenen Serovaren. In den USA ist seit kurzem eine Vakzine auf dem Markt, welche auch die Seorvare grippothyphosa und pomona enthält. Die ständige Impfkommission vet. empfiehlt derzeit Hunde im Alter von 8 und 12 Lebenswochen sowie mit 15 Lebensmonaten gegen Leptospirose zu impfen. In einem höheren Alter vorgestellte Tiere sollten ihre Impfungen in denselben Abständen erhalten. Jährliche Wiederholungsimpfungen (in Endemiegebieten häufiger) werden empfohlen. Allergische Reaktionen (z.B. Gesichtsödem) können auftreten. Zwergdackel und Möpse scheinen häufiger allergisch zu reagieren als Hunde anderer Rassen.
Zoonotisches Potential
Mit Leptospiren kontaminierter Harn ist sehr infektiös für den Menschen. Die Leptospiren dringen zwar nicht durch eine intakte Haut ein, jedoch durch eine verletzte oder durch Wasser aufgeweichte Haut und durch die Schleimhäute. Wenn Hunde verdächtigt werden Leptospirenausscheider zu sein, dann sollten folgende Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden: Tragen von Latexhandschuhen bei Kontakt mit diesen Tieren und von Gesichtsmasken und Brillen bei Reinigung der Boxen. Trennung von anderen Tieren. Auch gesunde, geimpfte Hunde können Leptospiren ausscheiden und stellen somit eine versteckte Infektionsquelle für den Menschen dar. Alle bekannten oder vermuteten Ausscheider müssen mit Antibiotika behandelt werden. Nach geeigneter Behandlung ist das Risiko einer Übertragung auf den Menschen gering, da vermehrungsfähige Leptospiren nicht mehr aktiv ausgeschieden werden können.
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